Christliches Zentrum Buchegg - CZB (Schaaf, 1999)

Ergriffen vom Heiligen Geist

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von Susanne Schaaf


Einleitung

Auch wenn infoSekta zum Christlichen Zentrum Buchegg CZB bedeutend weniger Anfragen als zur medienpräsenten ICF erhält, ist das CZB doch immer wieder Gegenstand von Beratungsfällen. Daher beginne ich mit ein paar generellen Ausführungen zu für Pfingstgemeinschaften charakteristischen Phänomenen wie das «Sprechen in Zungen» und das «Ruhen im Geist». Danach werden Lehre, Angebot und Zielgruppe des CZB vorgestellt. Zum Abschluss möchte ich einige problematische Aspekte des CZB aufzeigen, weil die versprochene «Freiheit durch Jesus» für eine Reihe von Personen schliesslich zur seelischen Abhängigkeit im christlichen Glaubenskorsett führen kann.

Das Charakteristische von pfingstlerisch-charismatischen Gemeinschaften

Seit ihrer Entstehung als Erneuerungsbewegung am Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich die Pfingstbewegung wirkungsvoll ausgebreitet - weltweit gehören rund 600 Millionen Menschen pfingstlerischen und charismatischen Gemeinschaften an (Schmid & Schmid, 2003, 117). Auch wenn die Pfingstbewegung vielschichtig ist und sich die einzelnen Pfingstgemeinden hinsichtlich der Gewichtung von Lebens- und Glaubensaspekten unterscheiden, bestehen eine Reihe Gemeinsamkeiten. Grundlegendes Erlebnis der Pfingstgläubigen ist die Bekehrung oder Wiedergeburt. Neben den fundamentalen Lehren der Erlösung und der Erwartung der baldigen Wiederkunft Christi – wobei die Endzeit bei den Pfingstlern nicht so stark betont wird wie z.B. bei den Zeugen Jehovas oder dem Missionswerk Mitternachtsruf – stellt das pfingstlerisch-charismatische Christentum das Wirken des Heiligen Geistes in den Mittelpunkt der Frömmigkeit. Die auffälligsten Formen und Praktiken pfingstlerischer Frömmigkeit sind die so genannten Gnadengaben des Geistes (Charismen) wie Zungenreden, Ruhen im Geist, Prophetie und Heilung. Der Glaube der Pfingstler kann als fundamentalistisch bezeichnet werden, im Sinne der Überzeugung der Unfehlbarkeit der ganzen Heiligen Schrift. Pfingstlerisch-charismatische Frömmigkeit ist - anders als der Pietismus - stark aufs Erleben bezogen, sie ist emotional, enthemmend und intensiv und passt daher gut zum heutigen Zeitgeist. Für den Pfingstgläubigen ist nur ein wahrer Christ, wer die Geistestaufe erhalten hat. Wer Jesus als seinen Erlöser annimmt, öffnet sich dem Heiligen Geist wie ein Gefäss und wird von ihm erfüllt. Die Taufe im Geist wird vom Pfingstler als Erfahrung göttlicher Gnade erlebt. Die Traditionskirchen sind nach Ansicht der Pfingstler auf halber Strecke zwischen Ostern und Pfingsten stehen geblieben.

«In Zungen sprechen»

Das «in Zungen sprechen», eine Aneinanderreihung von Silben im tranceartigen Zustand, ist für den Pfingstler der sichtbare Beweis dafür, dass der Gläubige vom Heiligen Geist ergriffen ist oder sogar von ihm in Besitz genommen wurde. Er hat die Geisttaufe empfangen. «In Zungen sprechen» wird auch als Befähigung und als Geistesgabe angesehen. Ein Beispiel dafür, wie sich «in Zungen sprechen» anhören kann, ist:

Bosche, bosche, meino
Veine bine mom
Lana-lana meina
ischta-butta Taina!
Dutta-kaaada!
(Roy, 1985, 20)

Echte Offenbarung oder schlichte Projektion? Hier prallt die Welt der bekehrten Pfingstler auf diejenige der aussenstehenden Angehörigen, was natürlich entsprechende Konflikte nach sich zieht. Dieses Phänomen, das für die Betroffenen mit Gefühlen des Glücks und der Zufriedenheit einher geht, wirkt auf Aussenstehende befremdend. Für das Phänomen sind drei Erklärungsvarianten denkbar:

1. Es wirkt tatsächlich der Heilige Geist.
2. Es handelt sich zwar um Suggestion, aber darin ist schlussendlich der Heilige Geist wirksam.
3. Alles ist das Resultat von (Auto)Suggestion oder Hypnose - ein aussergewähnlicher Bewusstseinszustand aufgrund sozial- oder massenpsychologischer Prozesse.

Neben sozialpsychologischen und gruppendynamischen Erklärungen existieren auch tiefenpsychologische Auslegungsmodelle. Der Psychoanalytiker Roy beispielsweise ist der Ansicht, dass Zungenreden ein Ausdruck des Unbewussten sein kann, Ausdruck einer Regression in die Kindheit. Zungenreden würde dann ähnlich wie der Traum oder wie therapeutisches Malen als Bestandteil oder Mittel des Selbstheilungsprozesses aufgefasst. Der Psychiater Spörri bezeichnet das Zungenreden als archetypische Kommunikationsform, die der Entspannung dient, und zieht eine Parallele zur Funktion des künstlerischen Ausdruckes. Diffuse Phänomene wie das Zungenreden eignen sich besonders gut für Projektionen subjektiver Inhalte, unterstützt durch eine entsprechende Gruppendynamik.

Ruhen im Geist

Ein weiteres auffälliges Phämonen im Zusammenhang mit dem angeblichen Wirken des Heiligen Geistes ist das so genannte «Ruhen im Geist», das in pfingstlerisch-charismatischen Bewegungen ebenfalls als Zeichen der Geisterfüllung gedeutet wird. «Ruhen im Geist» bedeutet dabei ein Eintauchen in eine Art Trancestand. Die Dauer des Ruhens kann sich über wenige Sekunden bis zu Stunden erstrecken. Das Ruhen kann sowohl ein momentanes Glücksgefühl erzeugen als auch eine lebensverändernde Wirkung nach sich ziehen. Das folgende Zitat illustriert das Erleben einer Betroffenen:

Eine Klosterfrau berichtet: «In den Exerzitien, während der stillen Anbetung vor dem Allerheiligsten, erfuhr ich das ‚Ruhen im Geist‘ erstmals. Ohne Handauflegen und persönliches Gebet durch eine Drittperson. (...) Ich sass auf einem kleinen Gebetsschemel. Plötzlich war es, als würde ich in ein Magnetfeld hineingenommen. Durch tiefe Atemzüge versuchte ich, dem entgegenzuwirken. Aber es half nichts. Von dieser gewaltigen Kraft überwältigt, sackte ich kraftlos zusammen. Eine Mitschwester hielt mich, damit ich nicht auf den Boden fiel.... Und dann war es, als ob ich mit dem Körper an einer Starkstromleitung angeschlossen wäre. Tiefer Friede breitete sich in mir aus» (Roy, 1985, 33).

Pfingstgläubige sind davon überzeugt, dass sich im Ruhen das direkte Eingreifen Gottes durch den Heiligen Geist zeigt. Ein kritisch psychologischer Ansatz sieht darin wiederum hauptsächlich das Ergebnis von Suggestivmethoden und Gruppenprozessen.

 Ein weiteres Merkmal pfingstlerischer Frömmigkeit ist die Heilung durch das Gebet. Zentrale Figur in diesem Zusammenhang ist der ehemalige Baptistenprediger William Marrion Branham, der an Grossanlässen Menschen von angeblichen Sünden und Krankheiten heilte und nach

seinem Tod zum Vorbild für viele Pfingstler wurde. Die Pfingstler glauben, dass der Teufel persönlich existiert und die Gläubigen von ihrer Beziehung zu Gott wieder abzubringen versucht. Angeblich sind Krankheits-, Lügen-, Unzucht- oder Ehescheidungsdämonen aktiv am Werk. Die Grenze zwischen Krankheit und Besessenheit wird als fliessend betrachtet. In den meisten Fällen lehnen Pfingstler ärztliche Hilfe in letzter Konsequenz jedoch nicht ab.

Das christliche Zentrum Buchegg (CBZ)

Das Christliche Zentrum Buchegg/Pfingstmission Zürich befindet sich an der Hofwiesenstrasse 143 in 8057 Zürich. Das CZB gehört der Schweizerischen Pfingstmisson SPM an, die wiederum dem Verband evangelischer Freikirchen angeschlossen ist.

Um eine historische Verankerung bemüht, führt das CZB seine Anfänge in der Selbstdarstellung www.czb.ch auf die geistliche Erweckungsbewegung 1906 in Nordamerika zurück. Schon ein Jahr später bildete sich ein kleiner Kreis von Pfingstfreunden in Zürich. Unter der Leitung von Pastor Richard Ruff traf sich die Gemeinschaft in den 30er Jahren regelmässig im Saal des Kaufhauses St. Annahof. 1938 berief Pastor Karl Schneider die Gemeinde in Zürich ein und leitete sie bis zu seinem Tod 1967. Pastor Emil Hartmann übernahm nach Schneiders Tod die Leitung bis 1980. Danach folgte Werner Kniesel als leitender Pastor. 1980 fand auch der erste Gottesdienst im Zentrum Buchegg statt, wie CZB ausführt.

Das CBZ: Die Lehre

Den Hintergrund der Lehre fasst das CZB auf seiner Website kurz und bündig zusammen:
«Gott hat den Menschen mit einem freien Willen geschaffen, damit er sich selber für oder gegen Gott entscheiden könnte. (...) Als er vor die Entscheidung gestellt wurde, griff er nach der verbotenen Frucht und zerbrach die liebende Gemeinschaft mit Gott. (...) Von diesem Tag an bis heute lebt der Mensch mit der Last seiner Sünde und Schuld, mit Krankheit, Leid und schliesslich mit dem Tod. (...) Die vielen Religionen sind ein Beweis für die ungestillte Suche des Menschen, führen aber nicht zum Ziel. (...) Gott litt unsagbar darunter, dass sich der Mensch von Ihm abgewandt hatte. Er ging uns nach und sandte Seinen Sohn in diese Welt zu unserer Rettung. (...) Nun bietet Gott jedem Menschen Vergebung und Versöhnung an. Er will uns in Seine Gemeinschaft aufnehmen. (...) glauben wir an seine Erlösung, löscht Er unsere Schuld restlos aus. Mit der Ablehnung schliessen wir uns von Gottes Herrlichkeit aus. Wir werden dann für unsere Schuld selber gerichtet. (...) Als Beweis unseres Herzensglaubens lassen wir uns taufen. (...) Dadurch werden wir zu wirklich neuen Menschen. Wir erfahren eine innere Neugeburt. Die Schuld ist weg und wir sind in Gottes Gemeinschaft aufgenommen.»

Um diesen Weg zu gehen, muss der Mensch nach Ansicht des CZB seinen Hochmut überwinden und sich vollumfänglich Gott hingeben. Der leitenden Pastor Werner Kniesel vertritt sein eigenwilliges Verständnis von der Selbstverantwortung des Menschen wie folgt: «Wenn wir Gott gehorchen, wird das für uns zum Segen sein. Wenn wir die Dinge aber in unsere Hand nehmen, werden sie früher oder später für uns selber zum Verhängnis» (Predigt, 2004). Der Mensch bete Gott an, so Kniesel, binde sich aber gleichzeitig auch an andere Menschen und bete Karriere und Ruhm an. Obwohl die Bibel sich eindeutig über Sexualität, Ehe und Unzucht äussere, glaube der Mensch, er könne seine eigenen Ideen einfliessen lassen und argumentiert, dass man heute in einer modernen Zeit lebe. Wenn der Mensch Gottes Wort nehme und seinen eigenen Vorstellungen anpasse, gerate er auf Irrwege. Nicht Segen kommt auf die Hochmütigen, sondern ein Fluch. «Gott sucht Gehorsam in unserem Leben und dass wir in Abhängigkeit zu Ihm leben, und dass ER die Entscheidungen in unserem Leben trifft, denn dann wird unser Leben recht geführt werden.» Abhängigkeit von Jesus ist für Werner Kniesel keine Bedrohung oder Beschneidung der Autonomie des einzelnen Menschen, sondern im Gegenteil eine Befreiung des Menschen. Das CZB vertritt hier das für Bekehrungsgruppen charakteristische Streben nach einer Einheitskultur und den Anti-Modernismus gegenüber einer modernen Gesellschaft, die sich ja gerade durch die Vielgestalt von Sinnantworten auszeichnet. Da pfingstlerische Gemeinschaften davon überzeugt sind, dass sie die besseren Antworten auf Lebensfragen und die bessere moralische Lebenspraxis besitzen, ist Mission ein wichtiges Mittel der Ausbreitung, insbesondere über Gemeindeneugründungen.

Wie geht das CZB mit schwierigen Lebenssituationen um, wie werden für den Betroffenen Lösungen gesucht? Wenn es beispielsweise um die Beziehung zu «Nicht-Gläubigen» geht, predigt Kniesel auf die Bibel Bezug nehmend, dass Pfingstgläubige als Gotteskinder keine eheliche Beziehung mit Ungläubigen eingehen sollen. Deshalb sei es sinnlos, wenn ein Gläubiger darüber betet, mit einer ungläubigen Person zusammenzukommen. Die gepredigten Vorgaben dienen als Anleitung für die sozialen Kontakte. Immer wieder wird dabei betont, wie wichtig der Gehorsam ist. Die Geschichte der Ersten Gemeinde soll die Folgen von Ungehorsam illustrieren: Es geschah plötzlich, dass jemand aus der Gemeinde diesen Gehorsam unterbrach und die Hingabe vortäuschte. Gott griff ein, führt Kniesel weiter aus, und zeigte der Gemeinde, dass es so nicht sein solle. Die Bibel sage, als Ananias und Saphira tot umfielen, kam erneut die Furcht Gottes auf die ganze Gemeinde, und sie lebten wieder in Abhängigkeit und Hingabe an den Herrn. «Wir sollen uns das zu Herzen nehmen und uns alle dahin führen lassen, dass wir in eine tiefe Abhängigkeit zu Jesus Christus kommen und bereit sind, unseren eigenen Ideen, Ansichten, Meinungen und Anschauungen abzusagen und uns auf Gott und Seinen Willen auszurichten. Dann werden wir im Sieg leben. Gott sucht Gehorsam.»(www.czb.ch). Die Aufgabe des CZB besteht darin, den Gläubigen den Rahmen zu bieten, wo sie Gehorsam lernen bzw. zum Gehorsam erzogen werden können.

Das CBZ: Angebote für verschiedene Zielgruppen

Das CZB bietet Aktivitäten für verschiedene Altersgruppen an. Auch hier geht es wie bei der ICF um eine jugend- oder zielgruppengerechte Einbettung der Missionsbestrebungen durch Out door-Aktivitäten oder Tanzanlässe. Dabei bedient sich das CZB der Showelemente nicht in demselben Ausmass, wie es bei der ICF der Fall ist.

Auszug aus: www.czb.ch/wir/index.htm Bereiche:

Kids (0-11): Out Door, Dance, Sport

Wir möchten mit Out Door, Dance und Sport allen Kindern die Gelegenheit geben, Freundschaften mit anderen Kindern zu pflegen, Verbindlichkeiten und Treue zu üben, indem sie persönliche Gaben und Interessen in das Reich Gottes einbringen.

Teens (12-15): Lehrdienst, Royal Rangers, Events

Den Teenagern wollen wir im Lehrdienst und in den Royal Rangers helfen, ihr gewonnenes Vertrauen zu ihrem Erlöser Jesus Christus auch in den schwierigen Zeiten der Pubertät beizubehalten und zu festigen.

Jugi (15-23): Junge Erwachsene

Wir wollen gemeinsam lernen, miteinander unter dem Worte Gottes zu leben. In unseren Programmen und Freizeiten möchten wir die Beziehung zum Vater, zu Jesus Christus, zum Hlg Geist und untereinander fördern. (...) Die Gaben und Interessen, die Gott in unsere Leben hineingelegt hat, sollen gefördert und füreinander eingesetzt werden.

Erwachsene: Hauszellen

Mit dem Begriff Zelle ist eine biologische Zelle gemeint. Sie wächst, entwickelt sich und wenn sie dazu reif ist, teilt sie sich (6-15 Personen). Anbetung, Wortbetrachtung und Fürbitte sind Schwerpunkte.

Ehepaare: Ehepaar-Zellen

Aufbereitung von geeigneten Ehethemen, Organisation und Durchführung von Wochenenden für Ehepaare.

Latinos       

Senioren (60+): Seniorenzelle, Seniorenturnen, Seniorenessen, Seniorenwanderung 

Gemeinsame Anbetungszeit, nachher Austausch und Gebet in kleineren Gesprächgruppen

Workshop Evangelisation

LiFe-Seminare

Leben in der Fülle entdecken           

Männer(z) Morge

In der gemeinsamen Diskussion und durch das Studium der Bibel überdenken wir unsere Situation.

 

Auf der Website stehen sämtliche Predigten seit Winter 2003 zur Verfügung.

Problematische Aspekte des CZB

Die Ausführungen lassen vermuten, dass es zwischen engagierten Pfingstgläubigen und deren Angehörigen zu Schwierigkeiten kommt. Die Anfragen, welche infoSekta in diesem Zusammenhang erhält, stammen mehrheitlich von Angehörigen, welche mit der Persönlichkeitsveränderung des Bekehrten konfrontiert sind, die sie nicht einordnen können und denen sie mit Befremdung und Ohnmacht gegenüberstehen: die Bekehrten seien sehr euphorisch, die Antworten der Betroffenen in Diskussionen und Auseinandersetzungen erschöpfen sich in Bibelzitaten und konservativen Stereotypen, die bekehrte Person entfremde sich immer stärker von der Familie und früheren Freunden, ziehe sich zurück, gebe den Job auf, um das Leben als Wiedergeborener dem CZB zu widmen. Ferner sorgen sich Ehepartner, weil der bekehrte Partner die minderjährigen Kinder zu den Veranstaltungen mitnehme und sie so den Gruppenprozessen und der Ideenwelt aussetze. Die bekehrte Person, so wird des Weiteren beobachtet, reagiere panisch auf den Gedanken, die Gemeinschaft verlassen zu müssen.

Es ist klar, dass der Mensch in seiner Entwicklung immer wieder ungewöhnliche Wege einschlägt, die sein Umfeld nicht nachvollziehen kann, sich ausgeschlossen oder bedroht fühlt. Die Besonderheit bei Veränderungen in Verbindung mit fundamentalistischen christlichen Gemeinschaften ist, dass Ideologie, Struktur und Dynamik der Gruppe die Veränderungen eindeutig und standardisiert vorgeben. Auch wenn nicht alle Gläubigen gleich stark involviert sind und meine Ausführungen deshalb nicht auf alle Gläubigen gleichermassen zutreffen, möchte ich meinen Beitrag mit dem Hinweis auf folgende drei ausgewählte problematische Aspekte schliessen:

Schwarz-Weiss-Denken

Die Schwarz-Weiss-Auffassung hinsichtlich Selbst- und Weltbild liegt im Konzept des CZB begründet. Der ausschliessende Glaube an die absolute Wahrheit des eigenen Systems führt zur Ansicht, viele Religionen hätten die Suche des Menschen nach wahrer Beheimatung nicht wirklich gestillt. Die Geistestaufe wird als Norm christlichen Lebens betont. Ein Leben ohne die Erfahrung der Geistestaufe wird als defizitär, bedauerns- und bekehrenswert angesehen. Die Lebensgestaltung wird konsequent auf diese dualistische Sichtweise reduziert.

Anpassung bis zur Selbstaufgabe

Aufgrund der eindeutigen Anforderungen, was ein wahrer Christ ist und wie sich gottgefälliges Leben gestalten muss, wird der gesamte Lebensbereich der Gläubigen bestimmt. Dies erfordert von den einzelnen Mitgliedern eine grosse Anpassungsleistung, die mit Orientierungshilfe, Halt oder Nestwärme entgolten wird. Die Betroffenen laufen Gefahr, ihre Autonomie und die eigene Persönlichkeit zu verlieren bzw. in ihrer persönlichen Entwicklung zu stagnieren. Es kann zu psychischer Abhängigkeit kommen – ein Leben ausserhalb der Gemeinschaft wird undenkbar.

Möglicher Missbrauch von Sehnsucht und Idealismus

Verunsicherte und suchende Menschen finden in der Gemeinschaft eine Ersatzfamilie. Sie merken nicht, dass ihr Engagement von Menschen mit religiös verbrämtem Geltungstrieb ausgenutzt werden kann. Die Schwierigkeiten zeigen sich in Erfahrungsberichten ehemaliger Mitglieder, die sich zwischen Selbstüberschätzung, Selbstaufgabe und Schuldgefühlen auf die Suche nach ihrer Identität machen.

 

Literatur

Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg ACK (Hg). (2004). Neue Heilsversprechen. Religiöse und weltanschauliche Tendenzen heute. Stuttgart.

Hollenweger, Walter J. (1997): Charismatisch-pfingstlerisches Christentum. Herkunft, Situation, Ökumenische Chancen. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht.

Referat für Weltanschauung (Hg).(1991): Pfingstbewegung. Wurzeln – Formen – Inhalte. Stellungsnahme. Nr, 62 der Werkmappe «Sekten, religiöse Sondergemeinschaften, Weltanschauungen». Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Seelsorgeämter. Wien

Rey, Karl Guido. (1985): Gotteserlebnisse im Schnellverfahren. Suggestion als Gefahr und Charisma. München: Kösel.

Schmid, Georg & Schmid, Georg Otto (Hg). (2003): Kirchen, Sekten, Religionen. Religiöse Gemeinschaften, weltanschauliche Gruppierungen und Psycho-Organisationen im deutschen Sprachraum. Siebte, überarb. und erg. Auflage. Zürich: Theologischer Verlag.

Selbstdarstellung des CZB: www.czb.ch

Predigt vom 18. April 2004. Hauptgedanken von Werner Kniesel zum Thema «Gott erwartet Gehorsam». www.czb.ch/

medien/predigten

Susanne Schaaf

Lic. phil.; Psychologin; Mitbegründerin und Geschäftsleitung infoSekta/Fachstelle für Sektenfragen, Zürich/www.infosekta.ch; Forschungsleitung am Institut für Suchtforschung ISF Zürich mit Schwerpunkten stationäre Suchttherapie und Qualitätssicherung. Publikationen u.a. zusammen mit Dieter Sträuli die Tagebuch-Erzählung «Sekten» für Jugendliche (1999, sjw).

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